Aus der Reisemedizin – Fume Events

veröffentlicht von am 23. Jul , 2017

Risiken beim Flug

Die Urlaubszeit hat begonnen, die Strassen sind leerer und die Flieger gut gefüllt. Aus der Sicht eines Reisemediziners gibt es bei Flugreisen einiges zu beachten:

  1. die Möglichkeit der Entwicklung einer Venenthrombose in den Unterschenkeln. Hierzu gibt es einschlägige gesicherte Empfehlungen. Man sollte genug trinken, dadurch würde das Blut nicht zu dick, ausserdem müsse man dann ständig auf die Bordtoilette, was für Bewegung sorge. Dann sollte man im Sitzen immer wieder die Muskulatur der Beine anspannen um die Muskelpumpe zu aktivieren. Dann gibt es die Möglichkeit, Kompressionsstrümpfe zu tragen mit dem Ziel durch die Kompression der oberflächlichen Venen, das Blut in den tiefen Venen schneller fliessen zu lassen. Risikopersonen wird schliesslich die Applikation von Spritzen mit Antithrombotika empfohlen.
  2. Für viele ist eine Flugreise mit erheblichen Ängsten verbunden. In absoluten Zahlen ist das Flugzeug natürlich als das sicherste Reisemittel zu betrachten, aber Ereignisse wie der Absturz der germanwings – Maschine bleiben natürlich im Gedächtnis. Neben Beruhigungs-/ Entspannungsübungen (autogenes training geht auch im Flieger) und allerlei Ablenkungshilfen gibt es die Möglichkeit kurzwirksamer Sedativa. Erfahrungsgemäss ist insbesondere der Start der Maschine mit Unsicherheiten verbunden. Ist man erstmal über den Wolken legen sich die Ängste wieder. Man braucht daher wirklich keine Reisesedierung.
  3. Wir machen uns berechtigterweise Gedanken zu jeder Röntgenuntersuchung und der damit verbundenen Strahlenbelastung. Das ist nachvollziehbar und sollte ärztlicherseits immer Anlass geben, gerade strahlungsintensive Untersuchungen wie CTs auf ihre Indikation zu prüfen. Die Strahlenbelastung bei einer Reise über den Atlantik ist mit der von zwei Röntgenaufnahmen der Lunge zu vergleichen. Also vergleichsweise harmlos.
  4. Der verminderte Luftdruck in der Kabine sorgt nach meinen Erfahrungen noch am häufigsten für Probleme. Der im Vergleich zur Erdoberfläche verminderte Sauerstoffpartialdruck kann bei Personen, die schon an chronischen Erkrankungen der Atemwege leiden (Stichwort COPD und Emphysem) zu erheblichen Atemproblem führen. Gänzlich abraten muss man Flugreisen wenn die Person innerhalb der vorangegangenen 24h mit Atemgerät unter Wasser getaucht ist. Hierbei besteht die nicht zu unterschätzende Gefahr von Lungenembolien. Ausserdem muss auch für mehrere Wochen nach Unfällen bei denen es zu Rippenbrüchen gekommen ist, von einer Flugreise abgeraten werden.

Fume events sind noch relativ unbekannt

besonderen Schwerpunkt möchte ich bei diesem Artikel allerdings auf das noch relativ selten besprochene Phänomen des Fume events legen und Ihnen einige Artikel und Filme ans Herz legen:

Im ZDF erschien vor kurzem ein Interview zu diesem komplexen Thema. Man kann es sich hier ansehen: ZDF- Gift in der Kabinenluft

Ausserdem wird ebenfalls das ZDF in einigen Tagen eine ausführliche Doku zu dem Thema senden: ZDF- dicke Luft im Flieger

In Spiegel online wurde letztes Jahr ein Artikel veröffentlicht, der sich damit befasste: SPON- Dämpfe aus Triebwerken

Wenn Sie nach Fume- Event im Internet suchen werden Sie noch auf viele weitere Fallberichte stossen. Es scheint sich also nicht um sehr seltene Ereignisse zu handeln.

Abgas in der Kabine

Worum gehts es dabei? Nun die Luft, die wir in der Kabine atmen wird natürlich der Umgebungsluft des Flugzeuges entnommen. Das Flugzeug führt ja nicht Atemlufttanks für ein paar Hundert Menschen mit sich. Diese Luft wird nun nicht etwa am Bug eines Jets eingesogen, irgendwie erwärmt und durch die diversen Düsen über unseren Köpfen in den Fluggastraum oder das Cockpit geleitet. Aus technischen Gründen oder wie manche Kritiker sagen aus Kostengründen wird die Luft im Bereich der Triebwerksdüsen eingesogen, komprimiert und ungefiltert (!) weitergeleitet. Mitunter werden dabei erhebliche Mengen an Abgasen direkt in die Kabinen gepresst. Also vergleichbar damit wenn wir im Stau auf der Autobahn hinter einem Laster stehen und weil es so heiss es ist die Klimaanlage voll aufdrehen. Was wir dann einatmen ist Gift- um es klar zu sagen.

Zu diesem Phänomen des aerotoxischen Syndroms gibt es nun geteilte Meinungen. Abgesehen von der rechtlich relevanten Diskussion um eine evtl. vorliegende Berufskrankheit ist die Wissenschaft sich unsicher ob z.B. einmalige Ereignisse überhaupt zu Schäden führen können. Fühlt man sich jedenfalls, so die Empfehlung der Göttinger Arbeitsmediziner, nach einer längeren Flugreise besonders übel (und kann es nicht auf das leckere Essen schieben) oder hat während der Flugreise mehrfach Abgasgeruch ausgemacht so sollte man sich zeitnah mit der entsprechenden Ambulanz der Uni Göttingen in Verbindung setzen. Zu dem sollten unbedingt zeitnah Urin- und Blutproben asserviert werden. Zeitnah bedeutet in diesem Fall nicht der Urin am nächsten Tag ist interessant, sondern der direkt nach dem Flug. Auch folgende D- Ärzte, die seitens der BG- Verkehr mit dem Biomonitoring betraut sind, können bei der Probengewinnung behilflich sein.