Profit oder Leben? – Wenn das Gesundheitswesen an die Grenze geht

veröffentlicht von am 12. Jan , 2020

Aktueller Film zur Entwicklung im Gesundheitswesen

Ich möchte Ihnen einen Film empfehlen, auf den ich selbst durch einen Kollegen hingewiesen wurde. Dazu gebe ich die ganze Nachricht hier wieder. Der Text ist von Prof. Dr. med. Kochen und behandelt die im Film besprochene, moralisch fragwürdige, Preispolitik der großen Pharmafirmen.

 

Film des Schweizer Radio und Fernsehen

„Profit oder Leben? – Wenn das Gesundheitswesen an die Grenze geht“ heißt ein Film des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), der heute Abend vom 3sat gesendet wurde.

In dem Streifen geht es um ein bestimmtes, extrem hochpreisiges und hochtoxisches Medikament (Tisagenlecleucel[Kymriah®], das zur Behandlung von Kindern, Jugendlichen und jungen erwachsenen Patienten im Alter bis zu 25 Jahren mit refraktärer oder akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie sowie bei erwachsenen Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom eingesetzt wird.

[Zur Herstellung des Arzneimittels werden dem betreffenden Patienten T-Zellen entnommen, die im Labor genetisch verändert werden, so dass sie einen gegen CD19 gerichteten chimären Antigenrezeptor exprimieren (CAR-positive lebensfähige T-Zellen).

Wer mehr über dieses Medikament wissen möchte, sei z.B.

 

Ich erwähne den Film nicht, um Sie auf den letzten Stand dieser neuen onkologischen Therapieoption zu bringen. Vielmehr geht es um die Frage, wie weit die pharmazeutische Industrie geht, die Krankenkassensysteme der westlichen Industrieländer (und natürlich auch einzelne Patienten) an den Rand ihrer finanziellen Leistungsgrenzen zu bringen. Die zynischen Aussagen im Film des für Europa zuständigen Novartis-Managers Emanuele Ostuni sprechen Bände.

Eine Infusion Kymriah kostet in Deutschland z.Zt. 320.000 Euro. Weitere extrem teure Arzneimittel werden in den kommenden Monaten und Jahren auf den Markt drängen. Unmittelbar am Tor steht die weltweit teuerste Gentherapie gegen spinale Muskelatrophie (Zolgensma® [Onasemnogene Abeparvovec-xioi]). Novartis verkauft das Medikament in den USA für 2,1 Millionen Dollar. Zuvor hatte der Konzern die Biotechfirma Avexis, die Zolgensma entwickelte, für 8,7 Milliarden Dollar übernommen.

GWQ ServicePlus https://www.gwq-serviceplus.de/, ein Dienstleistungsunternehmen für mittelständische Krankenkassen hat mit Novartis vereinbart, dass der Pharmakonzern den beteiligten Kassen einen Teil der Arzneimittelkosten zurückzahlt, wenn der Patient innerhalb eines definierten Zeitraums nicht überlebt. Solche jetzt erstmalig abgeschlossenen Verträge tragen den Titel „Pay-for-Performance„.

Vielleicht wollen Sie wissen, wie hoch die Rückerstattung im Todesfall eines Patienten ist und ab welcher Überlebenszeit die Therapie per Definition ein Erfolg war? Diese Daten … sind geheim.

Der Film ist in der 3sat-Mediathek unter https://www.3sat.de/gesellschaft/politik-und-gesellschaft/profit-oder-leben-102.html zu finden und bis zum 8.2.2020 abrufbar.

 

 

 

Wer also wieder ein bisschen mehr verstehen möchte, was in diesem Gesundheitswesen verbesserungswürdig wäre, der sehe sich diesen Streifen an. Ursprünglich wurde er bereits am 27.6.19 im SRF gesendet und ist dort auch noch unter diesem Link abrufbar.